Erscheint ein Patient trotz vereinbarten Termins nicht zur Behandlung in der Zahnarztpraxis, ist das nicht nur ein Ärgernis vor dem Hintergrund der Vorbereitung und Einplanung des Personals - es kann letztlich auch einen finanziellen Verlust für die Praxis bedeuten, wenn der Termin nicht anderweitig vergeben werden konnte. Deshalb wollen wir in diesem Artikel der Frage nachgehen, ob die Praxis in diesem Fall Schadensersatz vom Patienten verlangen kann.
Wie lautet die Rechtslage bei Nichterscheinen eines Patienten?
Was passiert, wenn ein Patient nicht zum vereinbarten Termin erscheint, ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Mit dieser Frage beschäftigten sich jedoch bereits viele Gerichte, so dass sich zumindest eine eindeutige Tendenz in deren Beurteilung erkennen lässt. Dabei wurde ein Anspruch auf Ausfallhonorar in aller Regel und teilweise unter weiteren Voraussetzungen bejaht.
Gestützt wurde der Anspruch, auch zuletzt durch Entscheidung des Bundesgerichtshofs, überwiegend auf § 615 BGB. Danach besteht ein Erstattungsanspruch, weil der Arzt dem Patienten die vertraglich geschuldete Leistung in Form des Behandlungstermins angeboten hat, der Patient diese durch sein Nichterscheinen jedoch nicht wie vertraglich geschuldet angenommen hat, sogenannter “Annahmeverzug”.
Darauf aufbauend setzte die Rechtsprechung in der Regel folgende Anforderungen für das Bejahen des Ausfallhonorars:
- Die Praxis konnte den ausgefallenen Termin nicht kurzfristig anderweitig nutzen.
- Dem Patient muss bekannt gewesen sein, dass bei einem Nichterscheinen ein Ausfallhonorar droht.
Was passiert, wenn der Termin erneut vergeben werden kann?
Konnte die Praxis den Termin anderweitig gewinnbringend nutzen, insbesondere durch Behandlung eines anderen Patienten, steht ihr kein Ausfallhonorar zu. Dies wird in den meisten Praxen aufgrund der langfristigen Terminvorläufe regelmäßig jedoch nicht möglich sein.
Muss der Patient vom drohenden Ausfallhonorar wissen?
Teilweise wurde in der Rechtsprechung vertreten, dass der Patient zumindest Kenntnis vom drohenden Ausfallhonorar hatte - insbesondere dadurch, dass er bei Terminvereinbarung deutlich darauf hingewiesen wurde. In anderen Fällen wurde sogar vertreten, dass der Patient dem hätte eindeutig zustimmen müssen. In diesen Fällen ist wiederum unklar, auf welche Weise eine solche Zustimmung erfolgen sollte. Jedenfalls würde die Forderung nach einer handschriftlichen Zustimmung am Praxisalltag telefonischer oder digitaler Terminvereinbarungen vorbeigehen.
Wie hoch kann das Ausfallhonorar sein?
Auch hinsichtlich der Höhe des Ausfallhonorars herrscht leider keine eindeutige Klarheit.
Teilweise haben Gerichte hier willkürlich anmutende Pauschalen angesetzt, teilweise Durchschnittswerte von Behandlungskosten zugrunde gelegt. In anderen Fällen wurden die Gebühren der geplanten Behandlung angesetzt. Jedoch wird sich die Praxis ersparte Kosten, zum Beispiel in Form von nicht genutztem Material, anrechnen lassen müssen.
Fazit: Wie sollten Praxen mit dem Ausfallhonorar umgehen?
Auch wenn das Ausfallhonorar gesetzlich nicht eindeutig geregelt ist, zeigt die Rechtsprechung der vergangenen Jahre eine eindeutige Tendenz zur Anerkennung eines Anspruchs auf ein Ausfallhonorar durch den Patienten
Dennoch muss auch festgehalten werden, dass die Rechtsprechung nicht einheitlich ist, insbesondere hinsichtlich der Frage, inwieweit der Patient über das drohende Ausfallhonorar aufgeklärt wurde oder dem sogar ausdrücklich - und wenn ja auf welche Weise - hätte zustimmen müssen.
So finden sich in verschiedenen Urteilen auch weitere Voraussetzungen oder Anmerkungen, beispielsweise soll ein Ausfallhonorar dann entfallen, wenn mit dem Patient ein Ersatztermin vereinbart wurde, was angesichts des dennoch durch den Terminausfall entstandenen Schadens zumindest verwundert.
Empfehlung: Was sollten Praxen tun, wenn Patienten nicht erscheinen?
Eine eindeutige Empfehlung lässt sich vor dem Hintergrund der nach wie vor unklaren Rechtslage leider nicht geben, da nicht auszuschließen ist, dass einzelne Gerichte den jeweiligen konkreten Fall anders beurteilen oder andere Anforderungen stellen.
Möchte sich die Praxis die Möglichkeit der Forderung eines Ausfallhonorares offen halten, sollte sie insbesondere im Bereich der Aufklärung des Patienten und dessen Zustimmung zum Ausfallhonorar möglichst rechtssicher agieren. Da eine handschriftliche Zustimmung im Praxisalltag schwierig umzusetzen ist, sollte zumindest ein Hinweis mit einer Möglichkeit der Zustimmung durch den Patienten eindeutig integriert werden - beispielsweise im digitalen Anmeldeprozess.
Bitte beachten Sie, dass diese Orientierungshilfe lediglich zu Informationszwecken erstellt wurde, keine rechtlich verbindliche Wirkung hat und mit dieser auch keine Rechtsberatung verbunden ist. Die endgültige Verantwortung liegt weiterhin in der Eigenverantwortung der Praxen und Ärzte.
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